Besuch bei Dr. Simone Adams in Ingelheim

Ohne Dogma – Ausschließlich im Sinne des guten Weins

Der heiße Darmstädter Sommer lässt nicht nur die Rasenflächen nach großen Mengen Wasser verlangen – auch die Nachfrage der vinocentral-Kunden nach Weißwein ist sprunghaft angestiegen, so dass sich unsere Vorräte, allen voran die der frischen Rheinhessen, rasant dem Ende zuneigen. Höchste Zeit für einen erneuten Winzerbesuch!

Und so machen wir uns an einem schwül-warmen Dienstag abermals auf den Weg über den Rhein, diesmal in die ehemalige Kaiserpfalz Ingelheim, um bei AdamsWein Nachschub vom beliebten Weißburgunder Kaliber 9 zu holen. Kaum sind wir in der schmalen Altstadt-Gasse aus dem Auto gestiegen, kommt Simone Adams auch schon in ihrem kleinen Suzuki angebraust. „Steigt ein“, ruft sie fröhlich, „zuerst will ich Euch meine verschiedenen Weinlagen zeigen!“ Zu viert quetschen wir uns in den heißen Wagen und zischen los zum Ingelheimer Sonnenhang. Die Landschaft hat all das, was wir am Süden so lieben: kleine, gewundene Straßen, holprige Hohlwege, verstreut liegende Rebflächen, dazwischen Feldholzinseln, alte Obstbäume und Trockenmauern. Weil die Ingelheimer Winzer der Flurbereinigung misstrauisch gegenüber standen, gibt es hier keine rechteckig eingeteilten Weinberge, sondern einen bunten Flickenteppich.

Die Lage „Sonnenhang“ ist sehr groß gefasst, so dass sie zusätzlich nach Gemarkungen benannt wird. Kurz darauf stehen wir in der Gemarkung „Auf dem Haun“ in der prallen Sonne und blicken hinab ins Tal. Glücklicher Weise geht hier oben immer eine leichte Brise, so dass das Klima nicht nur für Simones Burgunder Lieblingsrebsorten ideal ist, sondern auch wir an diesem Vormittag davon profitieren. Und noch einen Vorteil hat der Standort: In der Regel ziehen die Unwetter von Ost nach West durch das Rheintal und damit am Hang vorbei. „Mein Onkel hat hier in 60 Jahren nur einmal Hagel erlebt und das war am 17. Juli dieses Jahres.“ Die 35-jährige Winzerin zeigt uns die kleinen braunen Beeren, die nach der Verletzung durch den Hagel eingetrocknet sind. „Zum Glück hatten sie noch kaum Zucker ausgebildet, sonst wären die Wespen gekommen und wir hätten die Lese vergessen können. Jetzt sind die Reben einfach etwas stärker ausgedünnt. Nur ärgerlich, dass wir vorher selbst schon eine Ausdünnung vorgenommen hatten.“

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Bilder: Simone Adams mit ihrem Onkel (li), Erster Hagelschaden seit 60 Jahren (re)

Wir möchten wissen, wie die Weinstöcke die große Hitze in diesem Jahr vertragen. Da das Frühjahr normal gewesen sei, sei das nicht so schlimm, erklärt Simone und zeigt uns, dass die Erde zehn Zentimeter unter der Oberfläche noch feucht ist. Der hier oben vorherrschende Muschelkalk ist ein guter Wasserspeicher. Dennoch sind die Auswirkungen der Hitzewelle sichtbar: Durch die Trockenheit treiben die Pflanzen weniger stark aus als gewöhnlich. Schade, denn wir hätten uns gerne die besondere Flechttechnik angeschaut, die Simone anstelle des Triebspitzen-Schnitts, des sogenannten Gipfelns, verwendet.

In der Triebspitze der Pflanze sitze das Hormon Auxin, erklärt die promovierte Weinwissenschaftlerin. Es abzuschneiden, bringe den Hormonhaushalt der Pflanze durcheinander, so dass sie mehr Geiztriebe ausbilde. Das Flechten halte die Hormone unter Kontrolle und damit auch den Ertrag, was ja immer das Ziel sei. In diesem Jahr wird aufgrund der Trockenheit damit pausiert, um das Wachstum der Rebe bzw. die Verholzung der Triebe nicht negativ zu beeinflussen. – Ob die anderen Ingelheimer Winzer auch die Triebe einflechten, wollen wir wissen. Sie grinst: „Die halten mich für komplett verrückt!“
Das Flechten ist eine Idee aus der Biodynamie, an der sich Simone Adams teilweise orientiert. „Aber ich folge keinem Dogma, ich mache mein eigenes Puzzlespiel, in dem ich versuche, die Schrauben immer ein bisschen anders zu stellen – kommt mal mit!“ – und schon sitzt sie wieder im Auto und braust mit uns zum gegenüberliegenden Schlossberg, wo ihr Frühburgunder steht.

Simone erzählt uns von ihrem Versuch, die Rebstöcke vor der Blüte und damit vor der ersten Zellteilung zu entblättern, was dazu geführt habe, dass die Trauben einen eigenen Schutz vor Sonnenbrand ausgebildet hätten. Wir staunen. Immer wieder kommt in ihren Ausführungen die Wissenschaftlerin durch, die ihre enorme Fachkenntnis ganz in den Dienst der Pflanze stellt.

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Bilder: Entblättern des Frühburgunders (li), Muschelkalk fürs vinocentral (re)

Nur wenige Winzer bauen hierzulande Frühburgunder an. Sie haben keine Lust auf die frühreifende Rebsorte, die ausgerechnet in der Urlaubszeit so viel Arbeit macht. Anders bei AdamsWein: Hier kniet ein Mitarbeiter zwischen den Rebstöcken und legt durch das abermalige Entfernen der Blätter die Trauben frei, so dass sie ungehindert reifen können und die Traubenzone optimal ventiliert ist. Zurück in Ingelheim probieren wir im Keller, wie sich Simones Forscherdrang, die Böden und die Lagerung in unterschiedlichen Fässern auf die Weine auswirken. Die Winzerin öffnet Fass für Fass, saugt mit einem Schlauch vorsichtig den Wein an und füllt eine geringe Menge in einen Messbecher ab.

Und wirklich, die Unterschiede sind deutlich zu schmecken: Ein erstmalig belegtes Barrique-Fass verursacht einen viel deutlicheren Holzton, als ein zwei oder gar dreimal benutztes. Das alt-ehrwürdige halbe Stückfass indes hat an die 600 Liter Frühburgunder in seinem Inneren kaum noch Holznoten abgegeben: „Kaliber 24“ verfügt über einen subtilen Vanilleton und ist von einer erfrischenden Säure gekennzeichnet.

Doch die größte Überraschung des Besuchs soll erst noch folgen: Als wir nach einem Chardonnay vom Schlossberg in Fass-Erstbelegung einen Viognier vom Sonnenhang in Fass-Drittbelegung kosten, sind wir, die sich in der Regel den autochthonen Rebsorten verschrieben haben, von der Qualität dieses ursprünglich französischen Weins, gewachsen auf Ingelheimer Muschelkalk, so begeistert, dass auch wir unser Dogma kurzerhand über Bord werfen. Wir schlagen vor, eines der beiden Fässer statt wie geplant für die Cuvée „White Wedding“ als reinen Viognier exklusiv für das vinocentral abzufüllen. Nach leichtem Zögern – weil auch sie so etwas noch nie gemacht hat – schlägt Simone ein. Auf eine doppelte Premiere! Im November werden die 300 Flaschen im vinocentral eintreffen. Die „Höhe des Kalibers“, mit denen die passionierte Jägerin ihre Weine benennt, dürfen wir uns selbst aussuchen!

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Bilder: Beim Ansaugen des Frühburgunders (li), Viognier-Probe im Keller (re)

Für heute bleibt uns nur, den heiß ersehnten Weißwein-Nachschub „Kaliber 9“ ins Auto zu laden und uns herzlich zu verabschieden. Als wir auf die Straße treten, hat sich der Himmel verfinstert. Dicke Tropfen fallen und es riecht nach Erde. Im lang ersehnten Landregen geht’s zurück nach Darmstadt. Auf Wiedersehen Simone, wir freuen uns auf ein Glas Viognier mit Dir im Herbst!

 

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