Iberisches Duell – Spanien contra Portugal

Iberisches Duell – Spanien contra Portugal
Man war sich – wie unter Nachbarn ja geradezu üblich – nie so ganz grün. In früheren Jahrhunderten gab es auf spanischer Seite immer wieder Begehrlichkeiten, den kleinen Nachbarn einfach zu annektieren. Umso mehr waren die Portugiesen stets darum bemüht, sich durch eine eigene Identität und Sprache vom übermächtigen Spanien und den gemeinsamen Wurzel zu distanzieren. Im 16. und 17. Jahrhundert wetteiferten die spanischen und portugiesischen Conquistadores dann um die Vereinnahmung der Neuen Welt. Und auch heute kriegt man sich – trotz einer funktionierenden Zweckgemeinschaft innerhalb der EU – gerne noch in die Haare: Zum Beispiel weil der große Iberer dem kleinen mit seiner bewässerungsintensiven Landwirtschaft hin und wieder das Flusswasser abdreht.

Und wie sieht es an der Weinfront aus? Auch da pochen sich beide Kontrahenten selbstverständlich gerne auf die stolzgeschwellte Brust und behaupten, den besseren Wein zu machen als die da auf der jeweils anderen Seite der Grenze.

Im vinocentral haben die beiden Streithähne nun ausreichend Gelegenheit, dies in einem fairen Duell unter Beweis zu stellen. Das Ganze nimmt sich aus wie der Kampf Davids gegen Goliath: Spanien verfügt in Sachen Wein über die größte Anbaufläche der Welt. Klangvolle spanische Namen wie Rioja und Priorat genießen rund um den Globus sowohl unter Weinexperten als auch unter halbwegs interessierten Laien einen legendären Ruf.

Doch Portugal – hierzulande lange Zeit nur für einen billigen Massen-Rosé und die Randerscheinung Portwein bekannt – hat es ebenfalls in sich: Das kleine Weinland kann durch seine extremen geografischen und klimatischen Gegensätze auf engstem Raum mit einer Vielfalt an Weinen aufwarten, die den Big Playern – allen voran dem übermächtigen iberische Nachbarn – in nichts nachsteht. Von den schweren Rotweinen und den superschweren Ports, die im Landesinneren entstehen, bis zum federleichten weißen Vinho Verde aus der Küstenregion. Mit über 500 autochthonen und internationalen Rebsorten liegt Portugal auf dem Gebiet der Sortenvielfalt auf Platz 3 der Weltrangliste – Spanien bringt es diesbezüglich gerade mal auf die Hälfte.

Doch genug des machohaften verbalen Gepolters um „besser, stärker, größer“. Das vinocentral-Duell der beiden Iberer wird sich am Gaumen der Weingenießer entscheiden. Und obwohl unsere Experten schon bei der Auswahl der Weine feststellen mussten, dass es auf beiden Seiten eigentlich nur Gewinner gibt, sind wir natürlich trotzdem gespannt, wie Sie entscheiden.

Folgende Weine treten gegeneinander an:

Abadal Blanc Pla de Bages 2015 weiß
Bodegas Abadal, Pla de Bages, Spanien
Rebsorten: Macabeo, Chardonnay, Sauvignon Blanc, Picapoll

In der für spanische Verhältnisse winzigen katalonischen Weinregion Pla de Bages mit ihren beschaulichen 500 ha – kaum größer als die Hessische Bergstraße – hat seit Jahren Joan Soler mit seiner Bodegas Abadal die Nase vorn. Aromatisch dominiert in dieser extrem klaren und frischen Cuvée zunächst der Sauvignon mit seinem typischen Bukett. Am Gaumen präsentiert sich der Wein dann saftig, mit schönem Schmelz, exotischen gelben Früchten und schöner Länge. Solides Kunsthandwerk! Mitnahmepreis 0,75l   7,60 €

Verdejo Erre de Herrero 2015 weiß
Herrero Bodega, Rueda, Spanien

Verdejo ist die Ikone der Weinbauregion Rueda im nordwestlichen Spanien, die Dank ihrer Nähe zum Atlantik und durchschnittlicher Höhe um 800 Meter über dem Meer erstaunlich frische, geradezu „un-mediterrane“ Weißweine hervorbringt – und hier haben wir einen Bilderbuchvertreter seiner Art im Glas. Grüne und hellgelbe Früchte wie Ananas im Bukett, etwas Zitronenmelisse, leicht rauchig. Am Gaumen angenehm frisch und süffig. Mitnahmepreis 0,75l   8,50 €

Vinho Verde Loureiro 2015 weiß
Casa da Senra, Vinho Verde/Minho, Portugal

Vinho Verde („grüner Wein“) ist das portugiesische Pendant zum spanischen Verdejo (oder umgekehrt, falls Sie zufällig aus Portugal stammen sollten). Auch hier spielt der eher kühle atlantische Einfluss auf das regionale Klima die entscheidende Rolle. Das Bukett: Zitruszesten und grüner Apfel neben Noten von Koriandersamen, weißem Pfeffer und Lorbeer – worauf bereits der Name der Rebsorte „Loureiro“ verweist. Am Gaumen schlank, dennoch sehr rund und harmonisch mit lang anhaltender, reizvoller Würze. Mitnahmepreis 0,75l   8,90 €

Inanna Blanco bio 2014 weiß
Bodegas Parra Jiménez/Las Mesas, La Mancha, Spanien
Rebsorten: Verdejo, Chardonnay, Moscatel 

La Mancha ist eigentlich das Synonym für spanische Tanklastzug-Qualität für die internationale Schaumweinproduktion (gerne auch im „deutschen“ Markensekt. Prost!) – die Rebfläche der Region ist auch mehr als doppelt so groß wie alle deutschen Weinbaugebiete zusammen und irgendwo muss das Zeug ja hin. Hier haben wir jedoch das Gegenprogramm vor uns: Eine exzellente und sensibel gemachte Weißweincuvée aus biodynamischem Anbau und Low-Tech-Produktion. Noten von fruchtigem Darjeeling, weißen Blüten, Karamellbonbon und Weihrauch. Enormer Schmelz am Gaumen mit nussigen Anklängen vom wunderbar eingebundenen Barrique. Mitnahmepreis 0,75l   12,90 €

Louro Godello 2015 weiß
Rafael Palacios, Valdeorras, Spanien

Für Weinpapst Robert Parker zählen die Godellos von Rafael Palacios zu den besten spanischen Weißweinen in ihrem Preissegment und werden von ihm und seinem Team regelmäßig mit 90+ Punkten gesegnet. Seine enorme Dichte und Komplexität verdankt der Wein einem viermonatigen Lager auf der Feinhefe im großen Holzfass. Zitrusnoten, gelber Apfel, etwas Fenchel, leicht jodige und florale Noten bestimmen das Bukett. Am Gaumen herrscht perfekte Balance zwischen Körper, Schmelz und erfrischender Säure. Godello vom Feinsten! Mitnahmepreis 0,75l   15,95 €

Cava Xarello Essential Brut 2012 weiß
Juvé y Camps, Penedés, Spanien

Längst hat sich unter Schaumweinfreunden herumgesprochen, dass spanische Cavas der internationalen Konkurrenz in Sachen Eleganz und Größe durchaus das Wasser reichen können. Im klimatischen Schatten des Bergs Montserrat wachsen die Trauben für diesen exzellenten Jahrgangs-Cava, der ganze 15 Monate reifen durfte und sich auch in der Flasche hervorragend weiterentwickelt hat. Verhaltene, aber komplexe Fruchtaromen, Dörrobst, etwas Lakritz und Waldhonig mit kräutrigen Anklängen. Am Gaumen weich, dicht und cremig mit einer feinperligen Kohlensäure als Gegenspieler. Mitnahmepreis 0,75l   14,90 €

Calma Rioja Crianza bio 2012 rot
Alberto Orte/CVA, Rioja, Spanien
Rebsorte: Tempranillo

„Crianza“ bezeichnet die Mittelklasse beim spanischen Wein – in diesem Fall durchaus die gehobene. 100 % Tempranillo-Trauben aus biologischem Anbau wurden zu einem feinwürzigen und angenehm schlanken, ja, fast kargen Wein vinifiziert. Glasklare dunkle Beerenfrucht mit etwas Leder im Bukett. Am Gaumen geradlinig, erfrischend mit leicht grünen, aber angenehmen Tanninen, seidiger Textur, Würze und feiner Säure. Nicht unbedingt der typische vollmundige Rioja, aber gerade deshalb spannend. Mitnahmepreis 0,75l   9,50 €

Periquita Reserva 2013 rot
José Maria da Fonseca, Península de Setúbal, Portugal
Rebsorten: Castelão, Touriga Nacional, Touriga Franca

Rund vierzig Kilometer südlich von Lissabon sitzt dieses portugiesische Traditionsweingut schlechthin, das sich hier mit seinem Aushängeschild, der ältesten Weinmarke Portugals, präsentiert. Dunkle rote Früchte, etwas Lakritz, Holzkohle und speckige Noten dominieren das noch leicht unruhige Bukett. Am Gaumen geht’s dann ganz harmonisch zur Sache: wunderbare Frucht mit schöner Säure, getragen von einer feinen Tanninstruktur. Schlank, seidig – und unglaublich trinkanimierend. Mitnahmepreis 0,75l   10,90 €

Quinta das Setencostas Alenquer 2013 rot
Quinta da Boavista, Lisboa, Portugal
Rebsorten: Touriga Nacional, Touriga Franca, Castelão, Tinta Roriz, Camarate

Brombeeren und Schattenmorellen, umschmeichelt von Schokolade, Bergamotte, etwas Eukalyptus und Omas Veilchenseife – im Hintergrund auch feuchter Waldboden. Ein Aromen-Spektakel, das am Gaumen in eine opulente Frucht mit Anklängen von Lakritz mündet. Feine, aber präsente Tannine runden das Ganze ab. Perfekt! Mitnahmepreis 0,75l   8,50 €

10 Churchill’s Estates Douro Tinto 2012 rot
Churchill’s Estates, Douro, Portugal
Rebsorten: Tinta Roriz, Touriga Franca, Touriga Nacional

Das Douro-Tal gilt als das Herz des portugiesischen Weinbaus und John Graham mit seinem Churchill’s Estate als eines der großen Flaggschiffe unter den Portweinproduzenten. Dass ausgerechnet ein Brite auf portugiesischem Boden das nationale Erbe seit vielen Jahren zu immer neuen Höhen trägt, wird neidlos anerkannt. Weniger berühmt, aber nicht weniger exzellent sind die Rotweine des Hauses. Tiefdunkelrote Fruchtaromen, eine vielschichtige Würze, Graphit und geröstete Maronen. Am Gaumen noch etwas verschlossen, weshalb man diesem Wein im Glas etwas Zeit lassen sollte, damit er sich zu seiner vollen Größe entfalten kann.  Mitnahmepreis 0,75l   14,50 €

11 Losada Bierzo 2013 rot
Finca Losada, Bierzo, Spanien
Rebsorte: Mencía

Bierzo war lange Zeit das hässliche Entlein neben den spanischen Vorzeigeregionen im Weinbau – längst hat es sich zum eleganten Schwan gemausert. Die heimische Rebsorte Mencía bringt in Verbindung mit den hoch gelegenen Lagen und von Schiefer und Quarzit geprägten Böden Rotweine von hinreißender Eleganz hervor. Feinwürzige rote Früchte mit etwas Tabak, Leder und Laugenbrezel. Samtig, trinkig, elegant und kein Gramm zu fett. Mitnahmepreis 0,75l   13,70 €

12 Caladessa 2013 rot
Herdade da Calada, Alentejo, Portugal
Rebsorten: Tinta Caiada, Alfrocheiro, Touriga Nacional

Alentejo ist die Heimat der weltberühmten Korkeichen. Im gleichen mediterran-trockenen Klima gedeihen auch sehr typische kraftvolle Rotweine – leider oft in wenig penibler Massenproduktion. Bei Herdade da Calada setzt man jedoch eher auf Klasse statt Masse. In der Nase eine wahre Fruchtbombe mit glasklaren Noten von Cassis und Himbeere mit Tabaknoten unterlegt. Vollmundig, rassig, dicht mit tiefgründiger Würze. Mitnahmepreis 0,75l   9,90 €

13 Viña Vilano Reserva 2011 rot
Viña Vilano, Ribera del Duero, Spanien
Rebsorte: Tempranillo

Das Duero-Tal auf der spanischen Seite zeigt sich hier von seiner kraftvollen Seite: Vanille, nagelneue Lederschuhe, Tabak, frisches Holz, Speck, Flieder, Kokos und jede Menge süßlich-schwere dunkelrote Fruchtnoten. Das höchst komplexe Bukett hält sein Versprechen am Gaumen: fleischig, pfeffrig, würzig und begleitet von höchst präsenten, zupackenden Gerbstoffen. Im Abgang etwas Zimt und Vanille. Ein echter spanischer Pfundskerl mit ordentlichen Muckis – jedoch ohne Steroide. Dafür beinahe elegant. Mitnahmepreis 0,75l   11,90 €

14* Elo Monastrell 2012 rot
Alberto Orte/CVA, Yecla, Spanien

Monastrell. Das kann im schlimmsten Fall für überextrahierte Alkoholmonster inklusive  Eichenholzhammer stehen – auch solche Geschmacksboliden haben ihre Fans. Im besten Fall handelt es sich wie hier um einen Wein, der Kraft und Harmonie unter einen Hut bringt. Erdbeermarmelade und Rumtopf, Malzbonbon, Sojasauce und Cassis. Am Gaumen zwar überaus vollmundig, doch durch straffe Tannine und eine leichte Adstringens zu eher feinem Samt verwoben. Mitnahmepreis 0,75l   26,00 €

15* Coma Vella 2007 rot
Finca Mas d’en Gil, Priorat, Spanien
Rebsorten: Grenache, Carignan, Syrah

Das biodynamische Weingut Mas d’en Gil beweist, dass der antroposophische Ansatz nicht zwingend zu Übersensibilität in der Weinbereitung führen muss: Ein Wein wie ein spanischer Stier – und zwar einer, der das Zeug hat, den Torero umzulegen. Rumtopf mit roten und schwarzen Früchten, wachsige und rauchige Anklänge, aber auch ätherische, minzige Noten. Im Mund durchaus schwer, mit fülligem Alkohol und eigentlich allem, was die einen am spanischen Rotwein lieben und die anderen fürchten. Im Zweifelsfall lassen Sie Tuch und Degen einfach fallen und flüchten sich auf die Zuschauerränge … Mitnahmepreis 0,75l   24,90 €

16* Muti Albariño 2014 weiß
Raul Perez, Rias Baixas, Spanien

Raul Perez ist der Flying Winemaker in Spanien – und eigentlich das Gegenteil, von dem, was man mit diesen industriellen Zauberkünstlern verbindet. In seiner Heimat, dem Bierzo, hat er in den letzten Jahren mit hoher Sensibilität einige der ungewöhnlichsten und aufregendsten Weine kreiert – doch klebt er wie gesagt keinesfalls an der heimischen Scholle. Im nordöstlichen Galizien hat er mit diesem Weißwein ebenfalls ein überraschendes Meisterwerk geschaffen. Albarinos sind zumeist leichte, fruchtige und spritzige Weine – hier hingegen steht ein zutiefst ernster, distinguierter Tropfen im Glas, mit komplexem, steinig-mineralischen Charakter und Anklängen von kandiertem Ingwer und Zitruszesten. Ein großer Wein, der am besten für sich selbst spricht. Mitnahmepreis 0,75l   21,90 €

 

Text: vinocentral-Team
Foto/Form: Daniela Martinovic