7.00 Uhr, mitten im Emmental. Die Sonne zeigt sich gerade so am Horizont, als wir in der kleinen Käserei Zäziwil in Eyweid, etwa eine halbe Stunde von Bern entfernt, ankommen. Empfangen werden wir von Till, einem langjährigen Mitarbeiter, der uns gut gelaunt in Empfang nimmt. Der Duft von frischer Milch liegt bereits in der Luft – wir sind mittendrin in der Welt von Jumi.
Gleich zu Beginn dürfen wir bei der Milchannahme zuschauen. Viele der Lieferanten sind Kleinbauern, manche liefern ihre Milch sogar noch in traditionellen Milchkannen an. Die Anforderungen an die Milch sind klar definiert: Heu- und Weidefütterung, keine Silage und ausreichend Auslauf für die Kühe. Verpflichtende Zertifizierungen gibt es nicht – so können auch kleinere Betriebe ein Teil dieser besonderen Wertschöpfungskette sein. Es geht hier nicht nur um Qualität, sondern auch um Fairness und Nachhaltigkeit.
Unsere nächste Station ist fast schon eine Art „Labor“ – eigentlich ein schlichter Raum, aber mit viel Bedeutung. Hier arbeitet Urs Glauser, Senior der Familie und Vater von Jumi-Mitgründer Mike Glauser. Mit routinierten Handgriffen prüft er Fett- und Eiweißgehalt der Milch und setzt Bakterienkulturen an – einige davon stammen noch aus den 1980er-Jahren. Es ist faszinierend zu sehen, wie Tradition auf Innovation trifft.
Dann wird es ernst: In der Produktionsstätte beobachten wir, wie aus der frischen Milch Käse wird. In kupfernen Bruchkesseln wird die Milch erwärmt, es entsteht zunächst die sogenannte Dickete. Mit einer integrierten Käseharfe wird diese geschnitten – daraus entwickelt sich der Käsebruch, der später in Formen gepresst wird. Hier packt Chrigu Glauser, Mikes Bruder, selbst mit an. Vieles geschieht von Hand – leider eine Seltenheit in der heutigen Lebensmittelproduktion. Je nach Sorte und Verarbeitungsmethoden wandern die Laibe in ein Salzbad, wo sie unterschiedlich lange verweilen. Anschließend geht es in den Reifekeller – für uns ein absolutes Highlight: Regal um Regal voll goldgelber Käsekunst. Der Raum hat die Anmutung einer Schatzkammer und riecht nach ehrlichem Handwerk. Die Laibe werden regelmäßig gewendet und gepflegt – dabei helfen kleine Roboter.
Direkt neben der Käserei betreibt Jumi ein eigenes Holz-Kraftwerk. Das Holz stammt von benachbarten Bauernhöfen, die Abwärme wird zum Erhitzen der Milch genutzt – ein rundes, nachhaltiges System. Schon in Planung: ein unterirdischer Reifekeller, um Platz für weiteres Wachstum zu schaffen.
Kühe mit Aussicht – Besuch bei Bauer Fritz und Yannick
Nur wenige Kilometer entfernt besuchen wir Bauer Fritz und seinen Sohn Yannick in Grosshöchstetten. Mit rund 40 Milchkühen gehören sie zu den größten Lieferanten von Jumi. Die Tiere fressen frisches Gras, haben reichlich Auslauf und genießen eine herrliche Aussicht über die sanften Emmentaler Hügel bis hin zu den Berner Alpen. Yannicks Leidenschaft ist es zu verdanken, dass mit der eigenen Kälberzucht begonnen wurde, obwohl sein Vater diesem Unterfangen zunächst eher mit Zurückhaltung begegnete. Die Kälber Bianka, Petruschka und Ann-Sophie wurden erst vor einigen Wochen geboren und sind schon ziemlich flott auf der Weide unterwegs.
Willkommen im Jumiversum
Anschließend fahren wir weiter nach Boll, wo sich das Herz von Jumi befindet. Hier, in einem alten Stadl mit modernem Anbau, laufen alle Fäden zusammen: Verkauf, Verwaltung, Export und vor allem Innovation.
Gegründet wurde das Unternehmen 2005 von Jürg Wyss und Mike Glauser – kurz und knapp „Jumi“. Ihr Ziel: den kleinen Milchbauern eine faire Bezahlung zu gewährleisten, Innovation zu ermöglichen und gleichzeitig richtig guten Käse zu machen. Begonnen hat alles an drei kleinen Standorten, bis 2014 die Produktion in Eyweid mit dem Neubau der modernen Käserei zusammengelegt wurde. Etwa 40 Milchbauern konnten direkt mit ins Boot geholt werden, auch wenn viele davon den Plänen von Jumi zunächst skeptisch gegenüberstanden. Heute ist Jumi quasi das Dach über einer Kooperative von etwa einhundert Milchbauern – der Erfolg ließ folglich nicht lange auf sich warten. In Boll erleben wir, was „Innovation aus der Tradition“ bedeutet. Wir kosten verschiedenste Käsesorten – darunter Klassiker wie der Weichkäse „Aarewasser“ oder die berühmte „Belper Knolle“ – ein kleiner, mit Pfeffer umhüllter Frischkäse, der sich wie Trüffel über Pasta hobeln lässt. Auch bekommen wir Einblicke in die Fleischerei, wo Piemonteser Rinder akribisch zerlegt und für die weitere Verarbeitung vorbereitet werden. Leider sind die luftgetrockneten Spezialitäten und exklusiven Cuts (noch) nicht für den Export nach Deutschland vorgesehen.
Neben reichlich Käse gibt es spontan noch ein Käsefondue zu verkosten, und obwohl wir eigentlich schon mehr als gesättigt sind, dürfen wir mit dem gesamten Team zu Mittag essen.
Unser Fazit: Ein Tag im „Jumiversum“ ist wie ein Blick in die Zukunft der Landwirtschaft – bodenständig, nachhaltig und mit einem großen Herz für das Handwerk. Wir haben uns sehr gefreut, dass uns der gesamte Betrieb so transparent, offen und ehrlich gezeigt wurde. Wer Käse liebt, sollte Jumi und den Käseladen in Boll unbedingt mal besuchen – oder bei uns im vinocentral zugreifen und genießen.
Fotos: vinocentral