Nach der erfolgreichen Premiere im vergangenen Jahr setzt das vinocentral die Zusammenarbeit mit dem Weingut Schloss Schönberg und der Behindertenhilfe Bergstrasse fort. In diesem Jahr schmücken zwei Werke des Bensheimer Künstlers Marc Oden die Sonderabfüllungen.
Kunst trifft Wein — und fördert Inklusion
Marc Oden zählt zu den wenigen Künstler*innen mit Behinderung in Südhessen, die hauptberuflich ihrer Kunst nachgehen. Dies ermöglicht die Behindertenhilfe Bergstrasse, die seit über 20 Jahren kreative Räume und professionelle Unterstützung bietet.
Odens Arbeiten, in denen er oft Text- und Bildelemente kombiniert, sind vielschichtig, manchmal hintergründig, immer faszinierend. Nun finden sie — im Kleinformat — ihren Weg in die Weinwelt.
Ästhetik außen, Charakter innen
Künstleretiketten haben eine lange Tradition. Berühmt wurde das Konzept durch Château Mouton-Rothschild, das nach dem Zweiten Weltkrieg damit begann, Künstler*innen für die Gestaltung der Labels zu gewinnen.
Auch hier stehen zwei besondere Wein hinter dem ausdrucksstarken Etikett: Kellermeister Julien Meissner vinifiziert im Weingut Schloss Schönberg Weine, die das Terroir der Hessischen Bergstraße authentisch widerspiegeln. Das markante quarzreiche Tiefengestein der Region — Überbleibsel urzeitlicher Vulkane — verleiht den Weinen unverwechselbare Würze und Charakter.
Ein starkes Statement für Vielfalt
Mit dieser Edition verbindet das vinocentral Genuss und gesellschaftliches Engagement. Das Darmstädter Unternehmen beschäftigt seit mehreren Jahren zwei Mitarbeiter mit Behinderung fest und sozialversicherungspflichtig in der Vinothek und im Weinfachhandel. Für dieses Engagement wurde es 2020 mit dem Hessischen Landespreis für die beispielhafte Beschäftigung und Integration schwerbehinderter Menschen ausgezeichnet.
„Vielfalt ist uns ein zentrales Anliegen“, betonen die Geschäftsführer Michael Bode-Böckenhauer und Alexander Marschall. „Ein Wein mit dem Bild eines Künstlers mit Behinderung macht dieses Anliegen sichtbar und spürbar. Gleichzeitig bringen wir regionale Projekte und Menschen zusammen, die sich mit Herzblut für unsere Gemeinschaft einsetzen — das begeistert uns.“
Die Gemälde auf den Etiketten wurden gemeinsam ausgewählt und vom vinocentral erworben. Marc Odens Bild für den Sauvignon Blanc trägt den Titel „Conny Pilger“. Das Etikett des Chardonnay/Weißburgunder vom Granit zeigt das Gemälde „Brüderchen“. Beide Bilder stammen aus dem Jahr 2022 und messen im Original 70 x 100 cm. Von jeder Füllung gibt es 600 Flaschen.
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Und das sind die Weine:
Schönberg Sauvignon Blanc vinocentral UNIKAT 2024, Weingut Schloss Schönberg, Hess. Bergstraße 0,75l – 12,90 €
In der Nase zeigt sich der Sauvignon überraschend gelbfruchtig und exotisch: reife Banane, Ananas, Kiwi und ein Hauch Holunderblüte verleihen ihm eine tropisch-warme Aromatik, die markant, aber nicht aufdringlich wirkt. Ergänzt wird das Bild durch Akzente von frischem Heu und weißen Blüten.
Am Gaumen setzt sich dieses Aromenspiel nahtlos und geschmeidig fort. Feiner Schmelz, runde Textur und eine reduzierte, dennoch stimmige Säurestruktur machen den Sauvignon Blanc äußerst zugänglich. Im Abgang zeigen sich zarte Bitternoten und ein angenehm trockenes, langes Finish.
Chardonnay/Weißburgunder vom Granit vinocentral UNIKAT 2023, Weingut Schloss Schönberg, Hess. Bergstraße 0,75l – 17,90 €
Das Bukett ist geprägt von einer markanten, fast mostigen Aromatik mit Anklängen von Apfelwein und dezent gelber Frucht von reifem Pfirsich, die sich mit zunehmender Belüftung immer weiter entfaltet. Dahinter kommen weißer Pfeffer, Granny Smith sowie feine vegetative Nuancen von Dill und Fenchel zum Vorschein. Am Gaumen präsentiert sich die Frucht sehr zugänglich, es folgt eine erdig-herbe Würze mit salzig-mineralischen Akzenten und leichten Holz-noten. Im langen, präsenten Nachhall klingt eine grüne Würze mit. Die Säure wirkt frisch und animierend, bringt nochmals feine grüne Akzente ein und balanciert den Wein wunderbar aus.
Marc Oden, vorne rechts im Bild, wurde am 10.01.1974 geboren und lebt in Bensheim. Er malt seit 1997, heute ist er einer der hauptberuflichen Künstler, die in der Behindertenhilfe Bergstrasse im Atelier arbeiten. Auch wenn er dabei immer wieder einmal zu Pinsel und Farbe greift, ist er eigentlich ein absoluter Edding-Spezialist. Zudem ist Oden ein Meister der Kombination von Wort/Schrift und Malerei. In dieser Hinsicht hat er schon wunderbare Momentaufnahmen erzeugt, wie „Kunst ist wie eine singende Nachtigall“ oder „Kunst kennt keinen Kaffeeklatsch”, die zum Titel der BehindART-Jubiläumsausstellung 2022 wurde. Seine diversen Mottos hat er auf faszinierende Art und Weise zeichnerisch miteinander verknüpft. Die „Textbilder“ sind immer wieder in Ausstellungen zu sehen. (Quelle©BehindART)
Gespräch mit Christian Dreiss, Geschäftsführer Behindertenhilfe Bergstrasse gGmbH
Wie sieht der Arbeitsalltag im Atelier aus?
Die Ateliers unserer Vollzeitkünstler Marc Oden und Jürgen Klaban liegen im Erdgeschoss unserer alten Jugendstilvilla direkt unter den Büros der Geschäftsführung. Dort arbeiten sie von Montag bis Freitag jeweils sechs Stunden. Die Räume haben große Fenster, meist läuft Musik und es gibt Kaffee. Es herrscht eine besondere Atmosphäre.
Begleitet werden die beiden von Ralf Thomas-Rogala. Auch wenn der Kontakt meist nur kurz ist, weil Marc und Jürgen sehr professionell arbeiten, ist es wichtig für sie, mit ihm in Verbindung zu stehen. Sie wissen, dass sie sich als Künstler erleben dürfen. Dieses Vertrauen lässt Entwicklung zu. Und so haben sich auch ihre Bilder im Laufe der Jahre immer wieder verändert.
Die Behindertenhilfe Bergstrasse ist eine der wenigen Einrichtungen in Südhessen, die zwei Vollzeitkünstler beschäftigt. Warum gibt es das nicht öfter?
Kunst benötigt Zeit und Raum, das gilt für alle Künstler*innen, aber für Menschen mit Behinderung ist es deutlich schwieriger, diese Voraussetzungen selbst herzustellen. Deshalb muss es von der Leitung und dem Träger einer Einrichtung unterstützt und ermöglicht werden. Das ist leider keine Selbstverständlichkeit. Denn es braucht nicht nur den Willen, sondern auch finanzielle Mittel. Viel passiert im Ehrenamt. Neigung und Wertschätzung unsererseits haben eine große Rolle dabei gespielt, dass wir den persönlichen künstlerischen Ausdruck in der Behindertenhilfe Bergstrasse als gleichwertige Arbeit akzeptiert und etabliert haben. Aber auch wir müssen die Räumlichkeiten – also die Ateliers und die zusätzliche Etage, die wir für die Lagerung der Gemälde angemietet haben – jedes Jahr aufs Neue rechtfertigen und verteidigen. Die Ausstellungen schaffen öffentliche Aufmerksamkeit und Zugang zu den Menschen. Das hilft, um Kunst in den Einrichtungen zu verankern und fördert die soziale Teilhabe in der Gesellschaft. Es ist ein langer Weg, aber die Kraft der Bilder spricht für sich.