










Tradition als Zukunftsmodell
Anders als viele andere Regionen ließ sich der Jura kaum vom technischen Fortschritt oder internationalen Moden des 20. Jahrhunderts beeinflussen. Stattdessen hielt man an handwerklichen Methoden fest, die heute als Vorbild für naturnahen Weinbau gelten: kaum Chemie im Weinberg, keine Reinzuchthefen, keine sterile Kellertechnik, keine aggressive Filtration. Was in den 1970ern als rückständig galt, erscheint heute visionär. Der Jura ist längst zum Taktgeber der Naturweinbewegung geworden. Rund die Hälfte der Weingüter ist inzwischen biologisch zertifiziert – ein Spitzenwert.

Zwei Stile: oxidativ und ouillé
Typisch für die Region sind zwei verschiedene Ausbaustile: oxidativ (Typé oder Tradition) und ouillé. Beim oxidativen Ausbau – etwa beim legendären Vin Jaune – reifen die Weine jahrelang unter einer Hefeschicht im Fass und kommen bewusst mit Sauerstoff in Kontakt. Beim Ouillé-Stil hingegen werden die Fässer regelmäßig aufgefüllt, um Oxidation zu vermeiden. Diese Weine wirken oft zugänglicher, bleiben aber ebenso charakterstark.

Arbois – das Herz des Jura
Als Zentrum des Jura gilt Arbois – eine charmante Kleinstadt mit großer Geschichte. Hier begann nicht nur die Geschichte der offiziellen Herkunftsbezeichnungen im französischen Weinbau, sondern auch die stilistische Vielfalt des Jura: eigenständige Weißweine, elegante Rote und ausdrucksstarke Schaumweine, geprägt von kargen Böden, kühlem Klima und tiefer Traditionsverbundenheit. Weitere AOC-Appellationen sind Château-Chalon (Heimat des Vin Jaune), L’Étoile (vor allem Weißweine aus Chardonnay und Savagnin), die stilistisch vielfältigen Côtes du Jura, Crémant du Jura (Schaumwein nach traditioneller Methode) und Macvin du Jura (Likörwein aus Most und Tresterbrand). Der Jura ist keine Region der lauten Effekte – sondern eine für feine Nuancen und stille Geschichten. Er vereint Tradition und Innovation auf seine eigene, leise Weise – mit einer Weinstilistik, die bewusst gegen den Mainstream schwimmt. Wer heute authentische, naturnahe Weine sucht, kommt am Jura kaum vorbei.
Titelbild und Fotos 1 bis 3: Jérôme Genée, unterstes Foto (Kirche Arbois): vinocentral

Französischer Jura: Eigenständig, abgeschieden – und aktueller denn je
Der Jura – eine schmale, bewaldete Region östlich von Burgund und nahe der Schweizer Grenze – zählt heute zu den spannendsten Weinlandschaften Europas. Gerade wegen seiner abgelegenen Lage hat es sich eine bemerkenswerte Eigenständigkeit bewahrt, die zunehmend geschätzt wird. Schon im Mittelalter galten die Weine des Jura als hoch angesehen. Vom französischen Adel über Rabelais bis zu Rousseau – sie alle lobten die Gewächse dieser besonderen Region. Um 1850 war das Jura mit rund 20.000 Hektar Rebfläche ein echtes Schwergewicht im französischen Weinbau. Doch die Reblausplage und die folgenden Jahrzehnte führten zu einem dramatischen Rückgang. Heute wird auf nur noch etwa 2.000 Hektar Wein angebaut – mit umso größerer Überzeugung.