Wein aus dem Nichts – Ein Besuch bei Alex Saltaren Castro im Rheingau

Wein zu machen in einer der geschichtsträchtigsten deutschen Weinregionen – ohne familiären Background, Investor oder Eigenkapital, noch dazu als junger Kolumbianer – das scheint eigentlich völlig unmöglich. – Eigentlich!
Wer Alex Saltaren Castro kennenlernt, versteht schnell, warum es dem Winzer dennoch bereits kurz nach Abschluss seiner Lehre gelang: Tiefes Interesse, unerschütterlicher Enthusiasmus, verbunden mit einer überaus bescheidenen, authentischen Art, öffnen ihm Herzen und Türen. – Auch unsere. Und so wundern wir uns schon nach kurzer Zeit über gar nichts mehr, als wir mit Alex eines Samstags im Juli erst im untergemieteten Keller und dann in den gepachteten Weingärten stehen.

Der Funke springt einfach über
Wir treffen den jungen Weinmacher vor dem Elternhaus von Peter Jakob Kühn im historischen Ortskern von Oestrich-Winkel. Seit das Weingut in den 1980er-Jahren in einen Neubau am Ortsrand gezogen ist, wohnen hier Peter Jakobs Bruder und einige Mitarbeiter. Die alte Kelterhalle und der Keller werden als Lager genutzt, unter anderem als Schatzkammer für die Kühn-Raritäten. 
Ich habe ein bisschen aufgeräumt. Die so entstandenen fünfzehn Quadratmeter sind groß genug, um hier zu keltern und meinen Wein reifen zu lassen“, erzählt Alex, als wir die steile Steintreppe hinabsteigen.

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Vor dem Elternhaus von Peter Jakob Kühn, in dem Alex Saltaren Castro den Keller benutzen darf.

Im Wein steckt Leidenschaft
Im Wein ist Wahrheit“ steht über dem Abgang, im Falle von Alex Saltaren Castro müsste es eher heißen: „Im Wein steckt Leidenschaft“.

Die Parzellen, die der junge Winzer in der renommierten St.-Nikolaus-Lage übernehmen konnte, erbringen zurzeit insgesamt rund 1.400 Flaschen: den Riesling Edilia und den Riesling Labeja.
Doch von der Traube in die Flasche ist es ein langer Weg. Dafür braucht es noch eine Presse, Fässer und eine Abfüllanlage. 
Bei Alex, der nicht einmal ein Auto besitzt und alles mit dem Fahrrad erledigt, fügt sich auch dabei eins zum anderen: Von einem Kollegen, den er bei einer Biodynamie-Tagung in St. Ulrich kennenlernt, erhält er eine alte Korbkelter als Dauerleihgabe, die er aufwendig restauriert. Caroline Diel vom Schlossgut Diel stiftet zwei Barrique-Fässer, die Alex liebevoll mit Kreidezeichnungen kennzeichnet: Auf den Labeja-Fässern flattert eine spanische Abeja (= Biene). Die zwei Fässer des Rieslings Edilia ziert die Silhouette seiner gleichnamigen Großmutter. „Meine Großmutter war als Familienoberhaupt immer sehr wichtig für mich. Gleichzeitig ist die Verwendung ihres Vornamens eine Anspielung auf die Pachamama, Mutter Erde, die in der indigene Kultur eine zentrale Rolle spielt.

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Alex Wein-Equipment: restaurierte Korbkelter, gesponserte Fässer und ein Abfüllhahn aus den 1950er-Jahren.

Edilia und Labeja – Nicht nur nehmen, sondern auch Leben schenken
Die Namen Edilia und Labeja stehen auch für die Naturverbundenheit, mit der Alex im Weinberg arbeitet. Alle seine Parzellen werden heute biodynamisch bewirtschaftet. „Anfangs habe ich die Präparate mit der Weinflasche ausgebracht und sie wie Weihwasser versprengt. Jetzt habe ich eine Rückenspritze.
Damit die Reben entspannt wachsen können, werden die Triebspitzen nicht geschnitten, sondern mühevoll gewickelt, pro Rebzeile dauert das rund 30 Minuten. Und damit nicht allein auf dem selbstgemalten Etikett und auf dem Fass die Bienen summen, bleibt auch die mannshohe Unterstockbegrünung ungemäht und wird mit den Füßen niedergetreten.
Die Bienen finden weiterhin Nahrung. – Es ist deutlich zu sehen, wie das Leben in die zuvor konventionell bewirtschafteten Weingärten zurückkehrt“, erzählt uns Alex, als wir mit ihm wenig später von Parzelle zu Parzelle laufen.
Sein jüngster Zugewinn und damit dritter Weingarten liegt direkt vor der St. Ägidius Basilika in Mittelheim, der ältesten Kirche im Rheingau. „Hier wurde lange Zeit auf Masse hingearbeitet, jetzt müssen sich die Reben erst umgewöhnen. Man kann nicht einfach den Ertrag halbieren. Die Stöcke müssen anders gebogen, die Fotosynthese langsam runtergefahren werden, damit die Trauben weniger kompakt sind. Einfach rausschneiden funktioniert nicht.

„Ich will dem Wein Raum geben, sich zu entfalten“, hatte Alex zu Beginn unseres Besuchs gesagt. Dass sich hier im St.-Nikolaus ein junger Winzer Raum nimmt, um Wein und Natur Entfaltungsmöglichkeiten zurückzugeben, ist deutlich sicht-, spür- und schmeckbar! 

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Frisch aufgeblüht – die drei Weingärten von Alex Saltaren Castro im St. Nikolaus: Oben links und Mitte: Der Ursprung des Riesling Labeja oberhalb der Bahn. Unten linke und Mitte: Stoff für den Edilia, unterhalb von Bahn und St.Nikolaus-Statue, direkt am Rhein. Unten rechts: Glücklicher Neuzugang an der St. Ägidius Basilika.

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